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Hügel und Altstädte

In unserem Haus, mit fünf genialen Mitbewohner*innen, lässt sich die Corona Pandemie vergleichsweise leicht ertragen. 

Dankbar für unsere Lebensumstände tauchen Alle in Projekte ein und erkunden Themen, die sie schon immer erkunden wollten. Niemand muss mehr für die Arbeit aus dem Haus und es fühlt sich an als ob wir eine Ewigkeit für alles Mögliche zur verfügung haben. Dem Garten hätte nichts besseres passieren können und ich persönlich habe sicher schon über 10 Velos repariert – oder zumindest auseinandergenommen. 

Nichtsdestotrotz tut es dem Verstand nichts Gutes wochenlang am selben Ort eingesperrt zu sein, was gelegentliche Ausbrüche wichtig und gesund macht. So haben wir entdeckt, dass der Jura mit dem Velo von uns aus gut erreichbar ist; auch mit zwei Satteltaschen voller Klettermaterial. Folglich sind wir seit den Corona Massnahmen zweimal auf kombinierte Kletter- und Veloausflüge gefahren; hier die Geschichte des zweiten Ausfluges: 

Wir fuhren Richtung Jura, erreichten Biel und nahmen von dort aus den steilen Anstieg in Angriff, unser Ziel war eine kleine Hütte, in der unser Mitbewohner und seine Freundin einmal eine stürmische Nacht verbracht hatten. Nach ihren Angaben war nichts weiter zu erwarten als ein paar alte Matratzen, ein Dach über dem Kopf und einige zerbrochene Fenster – das schlägt, meiner Meinung nach, locker das Mitschleppen eines Zeltes!

Mit dem Spätstart um 17:20 Uhr waren wir gegen 9 Uhr, 40 Minuten nach Sonnenuntergang, am Ende der fahrbaren Strecke; beide sehr dankbar für die niedrige Übersetzung unserer Velos (3×9-Touren-Setup und ein Rohloff). Mit über 40 Kilometern und über 800 Höhenmetern in den Beinen waren wir ziemlich erledigt und die Dämmerung wich schnell der Nacht. Trotzdem dauerte es nur wenige Minuten, bis wir die kleine Hütte oberhalb einiger Kletterrouten fanden und zu unserer Überraschung gab es auch noch Solarstrom, ein Soundsystem, mit dem sich mein Telefon eifrig verband, und Werkzeuge, um ein kleines Feuer zu machen. Es war ein angenehmer Abend.

Am nächsten Morgen, nach einer unruhigen Nacht aufgrund all der seltsamen Geräusche rund um die Hütte, machten wir uns auf den Weg zu einem kleinen Klettersektor, in dem wir vor der Mittagspause noch je vier Routen kletterten. Die Sonne heizte dem Kalkstein schnell ein und erschwerte den Fingern den Halt, so dass wir wieder auf die Fahrräder stiegen und einen Umweg wählten, um den Rückweg interessanter zu gestalten. Weitere 200 Höhenmeter wurden mit einer Strasse belohnt, die wir zum westlichen Ende des Bielersees hinunter brausten, wo wir die Altstädte von La Neuveville, Le Landeron und Erlach erkunden konnten. In Kombination mit den schönen Dörfern der Jurahügel war der Ausflug mit vielen schönen historischen Häusern und viel Architektur gespickt.

Bevor wir nach dem Sightseeing ein Bad im Bielersee nahmen, wollten wir aus dem Stegreif eine kleine Statistik erheben, denn man hört viel über die Schweizer Begeisterung für E-Bikes. Ich persönlich frage mich immer wieder, wie viele davon unterwegs sind. Zwischen Erlach und dem Hagneck-Kanal, gerade mal 7,5 Kilometer mit fast keinem Höhenunterschied, zählten wir 68 (!) Personen auf Fahrrädern, insgesamt waren 26 auf E-Bikes unterwegs. Mehr E-Bikes hätten mich nicht überrascht, aber ich war vor allem froh, so viele Leute auf dem Velo zu sehen (obwohl ich seit Corona das Gefühl habe, dass mehr Leute in der Freizeit Velo fahren).

Die letzten Kilometer vergingen mit ein paar Ratespielen und Rätseln wie im Flug, und 25 Stunden nach dem Verlassen des Hauses radelten wir wieder in unseren Garten.